Life is a carnival
      
      Endlich, im zweiten Anlauf schaffe ich es, die große Dylan Revue "The times thay are a-changin'" im Badischen Stattstheater zu sehen. OK, ich bein kein großer Dylan Kenner oder gar Fan, aber als BAP / Niedecken Fan kommt man zwangsläufig sehr oft in Berührung mit Bob Dylan, sei es durch eingekölschte Dylan Songs, oder sei es durch die von Niedecken gelesene Chronicles Autobiographie von Robert Zimmermann.
Ich war sehr gespannt, was mich erwartet: in die Musik hatte
        ich beim Fest
          2012 schon mal reinschnuppern können, aber es soll bei
        diesem Abend über Bob Dylan ja auch Handlung geben, also quasi
        ein Dylan Musical. Kann so etwas gut gehen? Um es
        vorwegzunhemen: Ja!
      
Chronologisch wird das Leben von Bob Dylan in gut 3 Stunden
        dargestellt, ab dem Zeitpunkt, als er sein großes Vorbild Woody
        Guthrie besucht und dieser im dem Tipp gibt, mit eigenen Songs
        erfolgreich zu werden, bis fast in die heutige Zeit. Abwechselnd
        gibt es die passenden Songs und das ganze wird von einem
        Erzähler begleitet, der aber gleichzeitig in den
        unterschiedlichsten Rollen das Ganze auch noch darstellt. Von
        Anfang an fesselte mich diese mit viel Humor gespielte
        Geschichte, die in einem grandiosen Bühenbild eingebetet war.
        Apropos Geschichte: Geschichtsunterricht gab es auch noch, wurde
        doch immer kurz dargestellt, in welchem Kontext die Songs
        entstanden sind. Beispiel Kuba-Krise: Kennedy und Crutschtschow
        telefonieren zwei mal mit dem roten Telefon, wobei sich
        Crutschtschow verwählt und bei einer schäbischen Hausfrau
        landet. 
      
Hauptdarsteller Florian Hertweck stellt vor allem den jungen
        Dylan zu Beginn seiner Karriere äußerst überzeugend dar, sowohl
        als Schaupieler, aber auch als Sänger, begleitet von einer 7
        köpfigen Band unter der Leitung des Autora Heiner Kondschak, die
        aus Musikern und Schauspielerninen bestand. Letztere brillierten
        nicht nur an Geige und Bratsche, sondern schlüpften auch noch in
        unzählige Rollen, wie Joan Baez, Hillary Clinton, Monika
        Lewinski, diverse Frauen und Geliebte von Bob Dylan, und, und
        und.
      
Und so erlebte man eine Zeitreise mit Schwerpunkt in den 60er
        und frühen 70 Jahren, die aber auch die Tiefpunkte von Dylans
        Karriere in den 80gern und sein anschließendes Comeback in den
        90gern nicht aussparte. Gut vorstellen kann ich mir, dass diese
        Revue manchem Dylanologen ein Graus ist, denn sie geht durchaus
        kritisch mit der Person Bob Dylan um und zeigt ihn als Mensch
        mit (vielen) Schwächen, vor allem im zwischenmenschlichen
        Bereich.
      
"Life is a carnival" gibt der sterbende Woody Guthrie dem
        jungen Bob Dylan noch mit auf dem Weg und so war auch die
        gelungene Inszenierung ausgelegt: das Leben von Dylan,
        eingebetet in Zeitgeschichte als kurzweilige, bunte
        Verkleidungshow, in der die meisten Schauspieler in unzählige
        Rollen, von Pete Seeger bis ET, von Kennedy bis Bill Clinton
        schlüpfen. Selten - außer bei BAP Konzerten :) - gehen 3 Stunden
        so schnell vorbei.
      
