Altes und Neues bei der Earth Band

Über 10 Jahre hatte ich die Earth Band nicht mehr live gesehen, und zu Auftritt der überraschend ausverkauften Durlacher Festhalle ging ich mit gemischten Gefühlen. Mein erstes "richtiges" Rock Konzert war 1978 die Manfred Mann's Earth Band in der Kölner Sporthalle und zwischen ca. 1975 und 1980 machten sie alles richtig: gute Alben (The Roaring Silence 1976, Watch 1978, Angel Station 1979 und (mit Abstrichen) Chance 198), sehr gute Live Konzerte und mit Chris Thompson die Stimme, die man immer mit Manfred Mann's Earth Band verbinden wird, auch wenn er kurz danach die Earth Band verließ und nur sporadisch zurückkehrte. Seit damals zehren sie eigentlich vom Ruhm dieser Phase, hatten aber ab 1991 mit Noel McCalle 18 Jahre lang einen Sänger, der stimmlich stark an Chris Thompson erinnerte. Seit letztem Jahr aber ist Robert Hart der neue Sänger der Earth Band und ich war gespannt, wie er sich in den typischen Earth Band Sound einfügen kann.

Interessant an der Earth Band sind ja mehrere Sachen: zum einen sind fast alle ihre großen Hits Cover Versionen (Schwerpunkt: Dylan & Springsteen), wobei man aber Manfred Mann zu Gute halten muss, dass er die Qualität von Springsteen erkannt hatte, als dieser, zumindest in Europa, noch fast gänzlich unbekannt war. Zum anderen schaffte es Manfred Mann, dass die Cover Version meist besser waren als das Original, vor allem bei den frühen Springsteen Nummern Sprit in the night, For You und Blinded by the light kennt jeder die Cover Version, kaum einer aber das Original. Und des weiteren ist interessant, dass Gründungsmitglied Mick Rogers, der in den ersten 4 Jahren 71-75 dabei war, dann die Band verließ und erst Mitte der 80ger wieder dazu kam, die kommerziell erfolgreichste Phase der Band verpasst hatte.

All das spukte mir im Kopf rum, als das Konzert mit "Sprits in the night" eröffnet wurde, bei dem ja Mick Rogers die Lead Vocals singt, sodass ich erst im Laufe des Konzerts den neuen Sänger begutachten konnte. Vieles war wie immer bei der Earth Band: die Songs dauerten gefühlt ewig ewig und boten Raum für Gitarren- und Keyboard Soli und Improvisationen. Allerdings setzt Robert Hart wiederum neue Akzente. Vom Typ her ist er eher der klassische Blues & Rock Shouter wie man ihn eher bei Bad Company oder Deep Purple erwartet statt bei einer Band, die man heute vielleicht in die Prog-Rock Schublade stecken würde. Sonst hab es wenig Neues, außer, dass als einer der wenigen "neuen" Songs ein weiteres Springsteen Cover gespielt wurde, nämlich "Dancing in the Dark". Ach ja, und eines hat sich auch verändert: Manfred Mann traut sich neuerdings aus seiner immer noch recht großen Keyboard Burg heraus  und liefert sich mit Mick Roger Duelle, nämlich Umhänge-Keyboard (Mann) gegen Gitarre (Rogers).

War die Stimmung am Anfang noch etwas zurückhaltend, änderte sich das ab "For You" doch deutlich und bei den großen Hits wie z.B. "Davy's on the road again" sang dann das äußerst textsichere Publikum, satt Robert Hart. Wie in den 70gern verließ die Earth Band nach nur 1h 20 min die Bühne um dann für die Zugaben zurückzukommen, wobei mir die von Mick Rogers Solo vorgetragene Version des alten Manfred Mann Gassenhauers "Do wah Diddy", bei dem das Publikum den Refrain übernahm, besonders gefallen hat. Zum Schluss gab es natürlich "Might Quinn" in einer ca. 20 minütigen Fassung mit Reminiszenzen unter anderem an "Smoke on the water".

Fazit: als alter Fan freut es mich, dass die Earth Band noch immer so erfolgreich ist, allerdings tritt sie doch hier und da massiv auf der Stelle. Interessant ist aber, dass sich hier und da dann doch der Blues in den Prog Rock Sound einschleicht. Mir scheint, als ob sich Mick Rogers und Robert Hart an dieser Stelle prima ergänzen. Mal sehen, ob sich die Band da weiterentwickelt.


Ticket Manfred Mann's Earth Band