Los ging es am Freitag um 17:30 mit Faber aus der Schweiz
der logischerweise die Schweizer Alpen als Bühnendeko auf
Das Fest mitgebracht hatte. Das Festgelände war um diese Zeit noch
angenehm halbvoll gefüllt.
Faber und seine ausgezeichnete Band machen so etwas wie Chansons
2.0 und hatten zahlreiche Fans mitgebracht, die viele Songs
mitsangen. Ein Fan brachte sogar seine Posaune mit und konnte mit
Fabers Posaunist eine Art "Call & Response" zwischen 2 Stücken
etablieren. Fabers Songs spiegeln nicht nur die Gefühlswelt
Mittzwanziger wieder, sondern positionieren sich zum großen Teil
auch sehr politisch gegen rechte Gedankenwelten.
Da passten dann thematisch Kettcar im Anschluss um 19:10, die aber
im Gegensatz zu ihrem Auftritt 2013 Probleme hatten, die gute
Simmung, die Faber verursacht hat, am Leben zu halten. Mit "Ich vs
Wir" und vor allem ihrem Song "Sommer 89" haben sich Kettcar
deutlich politischer positioniert als früher - leider litt ihr
Festivalauftritt daran, dass die Texte für Nicht-Fans untergingen.
Und zusammen mit der für Kettcar typischen Attitüde "Wir fordern
euch nie zum Mitsingen auf - dafür liebt ihr uns ja", so Sänger
Marcus Wiebusch, kam so richtig Stimmung eigentlich nur bei
"Landungsbrücken raus" und im "Emmo Block" bei "Balou, der Bär"
auf. Es blieb letzten Endes Bassist Reiner Bustorff überlassen,
Stimmung beim Publikum zu erzeugen, in dem er die schöne
Atmosphäre des Festgeländes lobte. Irgendwie scheinen Kettcar
besser in Clubs und Hallen zu passen, als auf große Festivals -
schade eigentlich, denn sie sind eine Klasse Band mit Haltung und
machen ihr eigenes Ding.
Nach Kettcar dann der Top Act des Abends: Gentleman, der mit
seinem Reggae Sound das inzwischen zu volle Festgelände schnell im
Griff hatte, obwohl er erst mal seine Band verschickte und erst
nach 15 Minuten selbst die Bühne betrat. Ich allerdings gehöre zu
der merkwürdigen Minderheit, bei denen der Funke bei Gentleman
einfach nicht überspringen will und so verabschiedete ich mich
nach 30 Minuten.
Am Samstag ging es dann für mich um 16 Uhr weiter mit Kelvin
Jones, von dem ich dachte, dass ich den vorher gar nicht kannte,
und der mich mit seinen "Hits" eines besseren belehrte. Der
inzwischen in Berlin lebende Sänger und seine Band (deren
Bassisten man später bei Max Giesinger wiedersehen sollte) machten
alles richtig: Gute Songs, die irgendwie im Blues verwurzelt sind
aber doch nach 2019 klingen, ein sympathischer Sänger, der das
Publikum zum Mitmachen animierte, ohne peinlich rüberzukommen und
natürlich seine bekannten Songs wie "Only thing we know" im Gepäck
hatte. Fazit: klasse Auftritt...
... was man von Kat Frankie und ihrer Band leider nicht sagen
konnte. Optisch durchgestylt (in rot) wirkte Sängerin Kat Frankie
auf mich, als sei es ihr egal, ob sie sich gerade im Proberaum, in
einem Club oder auf einem Festival befinde. Ganz die in sich
ruhende, souveräne Künstlerin gebend wirkten Songs und Auftritt
seltsam uninspiriert auf mich, sodass ich ich nach kurzer Zeit den
Rest des Festivalgeländes erkundete....
...um rechtzeitig für Max Giesienger wieder dazusein. Ist
eigentlich nicht so mein Ding, aber da er nun mal aus der Umgebung
von Karlsruhe kommt und in seinem größten Hit "80 Millionen" ja
Karlsruhe indirekt verewigt hat (
"Da wo ich
herkomm' wohnen eintausend Menschen,
im Ort daneben schon zweimal so viel,
drei hundert tausend in der nächsten Großstadt") wollte ich mir
sein "Heimspiel" anhören.
Max Giesinger trat zunächst allein vor den weißen Bühenvohang um
den ersten Song allein mit seiner Gitarre anzustimmen, später
fiel der Vorhang und seine Band stieß hinzu. Der
grundsympathische MAx machte alles richtig: obwohl inzwischen in
Berlin ansässig fiel er schnell in den badischen Dialekt und
stellte in seinen Ansagen immer wieder Bezüge zu Karlsruhe und
Nordbaden her. Manchmal war das etwas zuviel der Guten,
beispielsweise den Gag zur letzten Zugabe im KSC Trikot auf die
Bühne zu kommen, hätte er sich sparen können, der guten Stimmung
tat das aber keinen Abbruch. Kontakt zum Publikum ist halt sein
Ding und so begab er sich nicht nur in das Publikum, sondern
holte Besucher sogar auf die Bühne: sei es Fan Max (ja, der
hatte denselben Vornamen), der sich per Schild anbot bei einem
Song Klavier zu spielen und das dann auch super gemacht hat,
seien es 3 Kinder, die als Background Chor zur Unpluggesd
Version von 80 Millionen auf die Bühne durften. Und
zwischendurch durfte noch ein Besucher Losfee spielen: 3
Nicht-Max-Giesinger Songs durfte er aus 150 Songs per Los
ermitteln und so spielten Max und seine Band Coolios "Gangsters
Paradiese", gefolgt von Simply Reds "If you don't know ne bei
now" und schließlich "Sonne" von "Rammstein". Nette Abwechslung
und gute Idee. Fazit: nettes Heimspiel von Max Giesinger mit
allem was dazu gehört, inklusive Konfetti Kanonen.
Weiter ging es am Sonntag für mich mit Alma, deren Auftritt sich
um 10 Minuten verzögerte, da sie sich nach eigenen Angaben kurz
vor dem Auftritt den Finger gebrochen habe. Alma überraschte mich
positiv: zum einen war ich überrascht, dass ich doch den einen
oder anderen Song kannte, zum anderen begeisterte mich neben ihrer
Stimme die Kombination aus elektronischen Keyboard Sounds, Drums
und E-Gitarre.
Gekommen war ich aber vor allem wegen der Rival Sons, die zur Zeit
neben Greta van Fleet mit ihrem 70er Jahre Led Zeppelin Sound
schwer gehypt werden. Sänger Jay Buchanan sieht so aus, als wäre
er in den 70er Jahren inklusive braunem Anzug aus dieser Zeit
eingefroren worden und 2019 wieder aufgetaut.
Wie erwartet spielen die Rival Sons Blues Rock wie ihn Led
Zeppelin schon vor 40 Jahren gespielt haben. Kommunikation mit dem
Publikum? Fehlanzeige. Statt dessen lassen die Rival Sons ihre
Musik für sich sprechen und die ist nicht schlecht: Sänger Jay
Buchanan hat die richtige Stimme um zu schreien wie weiland Joe
Cocker und Gitarrist Scott Holiday spielt ellenlange Soli.
Verstärkt um Keyboard, Drums und Bass beherrschen die Rival Sons
nicht nur die lauten Töne, sondern überzeugen mich vor allem bei
langsamen, teilweise akustischen Songs. Schade nur, dass die 5
ohne Zugabe die Bühne verlassen, aber immerhin kommuniziert Jay
Buchanan am Ende dann doch mit dem Publikum und bedankt sich
mit einem "Dankeschön".
Fazit 1: Musikalisch geht das Fest mit wenigen Ausnahmen weiterhin
auf Nummer sicher: mein Fest T-Shirt von 2016 listete einige Bands
auf, die auch dieses Jahr spielten. Ausnahme: mit den Rival Sons
wurde ein Rock-Akzent auf der Hauptbühne gesetzt. Ansonsten bietet
die Feldbühne inzwischen deutlich mehr Abwechslung.
Fazit 2: Es wird wieder voller. Wie letztes Jahr brüstete sich
Fest Impressario Martin Wacker damit, dass es einer der
Festfreitage mit den meisten Zuschauern gewesen sei. Leider hat
man so an 19 Uhr wieder eine Situation wie vor 10 Jahren, bevor
der Hauptbühnenbereich eingezäunt wurde: es ist nicht nur voll, es
ist zu voll und wird langsam gefährlich. Beispiel am Samstag
abend: Wollte man den "Front of Stage" Bereich nach Max Giesienger
Richtung Ausgang verlassen, wurde man sinnfrei im Gegensatz zu
Freitag nicht auf direktem Weg zum Ausgang gelotst, sondern musste
einen Umweg über das überfüllte Areal hinter dem Front of Stage
Bereich an einen Getränkestand vorbeinehmen, wo es dann zu
Kollisionen zwischen denjenigen kam, die raus wollten und
denjenigen, die zum Getränkestand wollten. Mich beschleicht der
Verdacht, dass jedes Jahr mehr Karten verkauft werden.
Fazit 3: Unglaublich, dass es, obwohl es so voll ist, entspannt
und friedlich zugeht!