Der Papst und der Kardinal: Musikalische Lesung mit Thomas
Zimmer & Volker Schäfer im Tollhaus BIergarten
Am Mittwoch Abend war, für Corona Verhältnisse, fast alles prima
im Tollhaus: Im Rahmen der "Lucky 100" Reihe (für die Nachwelt:
aktuell dürfen maximal 99 Personen ein Konzert in Baden
Württemberg besuchen) wurde die musikalische Lesung von Thomas
Zimmer & Volker Schäfer wegen des optimalen Wetters in
den schönen Tollhaus Biergarten verlegt. Ein schöner Rahmen, um
den Rock 'n' Roll Geschichten von Thomas Zimmer und dem
Gitarrenspiel von Volker Schäfer zu lauschen. Letzter machte auf
seiner Konzertgitarre den Anfang.
Bisher hatte ich noch nicht die Gelegenheit gehabt, Volker
Schäfer live zu erleben und gleich das erste Stück, dass er
spielte, war interessant: zunächst denkt man, dass es sich um
eine Eigenkomposition handelt, aber dann kommen einem
Melodiefragmente bekannt vor. Man grübelt und grübelt und
irgendwann macht es "klick": es muss sich um George Harrisons
"Here comes the sun" handeln - und so war es auch. Und auch bei
den anderen Songs, die er an diesem Abend spielte war es
ähnlich: auch wenn der Titel vorab angesagt wurde (viele Beatles
Songs, hier und da ein Song von Sting) war es nie einfach eine
Instrumentalversion sondern eher eine Überarbeitung
beziehungsweise eine Interpretation der Stücke.
Den Löwenanteil des Abends bestritt aber natürlich Thomas
Zimmer. Wie es sich für eine musikalische Lesung gehört, war das
Thema natürlich die Musik. Wer Thomas Zimmer Konzertkritiken
kennt, entweder aus den Konzertkritiken der BNN oder aus seinem
kürzlich erschienenen Buch "Viel Lärm um Alles" weiß, was einen
erwartet: viel Leidenschaft und viel Meinung zu den besuchten
Konzerten, aber nie Verrisse, statt dessen kenntnisreich und mit
Herzblut geschrieben, egal ob es sich um ein Pur-, ein Nina
Hagen-, oder ein Mitch Ryder Konzert handelt. Gewürzt wurde das
Ganze mit zusätzlichen Anekdoten aus Begegnungen mit den
Künstlern, Beobachtungen aus seiner Zeit als Juror für
Nachwuchswettbewerbe oder einem Kapitel seiner Biographie über
den ehemaligen BAP Drummer Jürgen Zöller, der ja im Tollhaus
sein drittes oder viertes Wohnzimmer hat. Kein Wunder also, dass
Thomas Zimmer als "Papst der Konzertkritik" vorgestellt wird und
dieser betitelt dann folgerichtig Volker Schäfer als den
"Kardinal der Konzertgitarre".
Neben der Musik von Volker Schäfer wurde dann auch noch Musik
"vom Band" dazugespielt: die "wahre Geschichte von Stairway to
Heaven" wurde aufgedeckt, denn tatsächlich gibt es Versionen von
Elvis Presley, den frühen Beatles und den Doors, kurz bevor sich
Jim Morrison in Paris eine neue Badewanne zulegte. Natürlich
kompletter Blödsinn, aber höchst unterhaltsam das Ganze. Und so
gingen die gut 90 Minuten ohne Pause wie im Flug vorbei, nur ein
Zuschauer regte an, die langen Einleitungstexte doch zu
reduzieren um mehr Zeit für die Gitarre zu haben - das Konzept
"musikalische Lesung" wurde ihm dann freundlich noch mal
erklärt.
Fazit: ideale Rahmenbedingen für dieses Duo, dass sich vor
allem musikalisch trefflich ergänzt: hier der klassische
Gitarrist mit einer Vorliebe für Beatles (leider verhagelte ihm
die Corona Pandemie die Möglichkeit in den Abbey Road Studios
(!) sein neues Album aufzunehmen), dort der Hobby Drummer, der
trefflich über Musik schreiben kann und Heavy Metal liebt, auch
wenn er nicht alles aus diesem Genre ernst nehmen kann. Kann ich
nur empfehlen!