Einen Tag vor dem Konzert ist in Baden-Württemberg die
Alarmstufe II ausgerufen worden mit Auswirkungen auf dieses
Konzert im Tollhaus, nämlich die Durchführung des Konzerts unter
2G+ Bedingungen. Für die Nachwelt: Besucher müssen entweder
vollständig geimpft oder genesen sein, zusätzlich den Nachweis
über einen tagesaktuellen negativen Corona Test erbringen und
müssen auch während des Konzerts eine Maske tragen. Schon mal
ein großes Lob an das Tollhaus dies für eine ausverkaufte
Veranstaltung so kurzfristig organisiert zu bekommen.
Ähnlich seiner Lesereise 2007,
die ihn schon damals ins Tollhaus führte, steht auch die
diesjährige Lesereise ganz im Zeichen von Niedeckens großem
musikalischen Vorbild, also Bob Dylan. War 2007 die
Veröffentlichung von Dylans Chronicles
Vol. 1 der Anlass, war es diesmal die Veröffentlichung von
"Wolfgang Niedecken über Bob Dylan" in der KiWi
Musikbibliothek. Nicht die 10.000 Biographie also, sondern
eine sehr subjektive Beschreibung der Berührungspunkte
zwischen eigenem Werk und Dylans Werk und die Bedeutung von
Dylan für Wolfgang Niedecken. Wer BAP kennt weiß, dass es BAP
ohne Bob Dylan nie gegeben hätte, ist doch in den Anfangstagen
Wolfgang Niedecken als eine Art kölscher Südstadt Dylan durch
die Kölner Kneipen getourt und hat dort Songs gespielt, die
oft von Dylan inspiriert waren. Und im Prinzip ist das meiste,
was man auf dem ersten BAP Album hört, eben diese Songs.
Folgerichtig ist dann auch der erste Song des Abends
"Sinnflut" von diesem Album, einen Song, den ich sehr schätze
aber wahrscheinlich bis dato noch nie live gehört habe.
Anders als 2007 ist
Wolfgang Niedecken diesmal nicht alleine unterwegs, sondern
hat seinen Freund Mike Herting am Piano / Flügel dabei, der
Mann für besondere musikalische Herausforderungen, wie
Niedecken ihn vorstellt. Wie 2007 wechseln sich Lesepassagen
und dazu passende Songs in einer wunderbar entspannten
Atmosphäre ab und hier und da erzählt Niedecken auch noch dazu
passende Hintergrundgeschichten. Mal werden Dylan Songs auf
Englisch gesungen, mal auf Kölsch ("Leopardefellhut") und
manchmal wird in den Songs zwischen den 2 Sprachen gewechselt.
Und als besonderes Schmakerl gibt es beim Song "You ain't
Going Nowhere" sogar bayrische Strophen zu hören!
Schön auch die Fassung von "Quinn the Eskimo / Mighty Quinn", bei der Wolgang Niedecken erzählt, wie er im Beat Club diesen Song zum ersten Mal in der Fassung von Manfred Mann gehört und gesehen hat, und er sich immer gefragt hat, wie Bassist Klaus Vormann gleichzeitig Bass und Querflöte spielen kann, bis er über das Konzept des Playback aufgeklärt wurde. Für ihn sie dass ähnlich enttäuschend gewesen, wie wenn man ein Kind merkt, dass es das Christkind gar nicht gibt.
Über 3 Stunden (mit Pause)
gehen schnell vorbei und als letzte Zugabe gibt es das
Weihnachtslied "The Christmas Blues" was
ausnahmsweise nicht aus der Feder "des Meisters" stammt,
sondern durch Dean Martin in den USA sehr bekannt geworden
ist und von Bob Dylan auf seinem Weihnachtsalbum gecovert
worden ist.
Fazit: großes Lob an Wolfgang Niedecken, Mike Herting und
das Tollhaus Team, das diesen Abend unter erschwerten
Bedingungen durchgeführt hat!