Very Charming

Das ist ein Service: an der Tür zum Tollhaus Veranstaltungsraum hängt ein Hinweis, dass um 20:00 bis 20:30 zunächst Lisbee Stainton auftreten wird und von 21:00 bis 23:00 dann Joan Armatrading. Und Punkt 20:00 betritt dann Lisa Stainton mit ihrer 8-saitigen Gitarre die Bühne und es passiert etwas, was man nicht alle Tage erlebt. Man kennt das ja: man ist auf einem Konzert und vor allem bei den etwas leiseren Liedern fällt einem die Geräuschkulisse von sich lautstark unterhaltenen Besuchern unangenehm auf - besonders oft  und heftig natürlich beim Support-Act. Nicht so an diesem Abend: kurze Ansage und schon beim ersten Song denkt man: das gibt es doch gar nicht - es ist mucksmäuschenstill - alle, wirklich alle lauschen den Songs der Londonerin. Ruhig mit klarer Stimme und sensationellem Gitarrenspiel schlägt Lisa Stainton die Besucher des sehr gut gefüllten Tollhaus in ihren Bann. Kurz und gut: nur zu empfehlen die Frau.

Doch natürlich waren alle wegen Joan Armatrading gekommen, die am Tag zuvor ihr neues Album "This Charming Life" veröffentlicht hat. Zwar gibt es ziemlich am Anfang gleich einen Klassiker (Love and Affection) aber ziemlich früh gibt es Songs vom neuen Album und Joan Armatrading versprach auch, immer brav hinzuweisen, wenn etwas vom neuen Album gespielt wird: zum einen, damit die Zuschauer nicht grübeln, wieso sie den Song nicht kennen, zum anderen, damit sie gar nicht erst versuchen, mitzusingen, wie sie gleich zu Anfang mit einem Augenzwinkern hinzufügt. Und augenzwinkernd waren fast alle ihre Ansagen was in einem schönen Kontrast zum in-sich-Gekehrt-sein während ihrer Lieder stand.

Das Konzert war so abwechslungsreich wie ihre lange Karriere. So zahlreich wie die Gitarren, die für Joan Armatrading auf der Bühne bereit standen waren auch die Stile, die man an diesem Abend zu hören bekam: etwas Jazz, Balladen, wie zum Beispiel "All the way from America", Songs aus ihrer Bluesphase, bei der ausnahmsweise nicht Joans Stimme, sondern ihr Gitarrenspiel im Vordergrund stand, Reggae, Rock (Me, Myself, I) und auch 80ger Jahre Sounds wie zum Beispiel bei "(I love it when you) call me names": Und die neuen Songs? Hier zeigte sich, dass Joan Armatrading zur Zeit wieder zurück zum Pop-Rock der frühen 80er will: meist schnelle, heftige Nummern und mit "Best Dress On" auch so etwas wie eine Hard-Rock Stadion Hymne, falls kommerziell mal wieder bessere Zeiten kommen sollten.

Fazit: ein sehr abwechslungsreicher Abend, bei der Joan Armatrading nicht auf Nummer sicher ging, sondern viel neues Material zum besten gab, das sich auch nicht vor dem bekannten Repertoire zu verstecken braucht. Klar, dass es "Willow" als Zugabe gab und mir ihrem wohl bekanntesten Song, nämlich "Drop the Pilot" wurde um 23:00 mit einer Punktlandung das Konzert beendet. Einziger Wermutstropfen für mich: bei "Drop the Pilot" verzichtete Joan auf die prägnante Gitarre - schade.

Hier noch 2 Links:
http://www.lisbeestainton.com
http://www.joanarmatrading.com

Ticket Joan Armatrding, 7.3.2010, Karlsruhe Tollhaus