Zwiespältig

Runrig hatte ich zuletzt 1993 auf ihrer "Amazing Things" Tour in der Karlsruher Schwarzwaldhalle gesehen und danach aus unerklärlichen Gründen etwas aus den Augen verloren. Aber 2010 tauchten sie wieder auf meinem Radar auf und am 14.05.2010 zog es mich in die Europahalle, um das ursprünglich für den März anberaumte Konzert zu sehen. Eine positive Überraschung gleich zu Anfang war für mich die Tatsache, dass Runrig 2010 locker die Europahalle füllen, und zwar längs bespielt und nicht etwa quer! Abseits von fast allen Dudelfunk-Medien, die Bands wie Runrig geflissentlich übersehen, kann sich gute Live Musik glücklicherweise also immer noch behaupten.

Um 19:45 betrat  Eric Penny, geboren in Potsdam, New York, mit seiner Gitarre die Bühne. Aus der Ferne etwas an Hugh Grant erinnerend gab er mit seiner tiefen Stimme ein zunächst ein paar Songs zum Besten, die mich nicht gerade vom Hocker rissen. In der zweiten Hälfte seines ca. 35 minütigen Auftritts aber steigerte er sich merklich und schaffte es am Ende sogar, die ca. 4000 Besucher zum Mitsingen zu animieren. Alles in allem nicht schlecht!

Um 20:45 war es dann endlich soweit: Runrig betraten die Bühne und rockten gleich mal ordentlich los. Ihre Mischung aus schottischer Folklore und Rock hat sich auf den letzten Alben deutlich Richtung Rock  verändert, aber das Schöne an Runrig ist, dass sie überraschend vielseitig sind: Folk, mal mit, mal ohne Folklore Einflüsse, Rock, mal Mainstream, mal an die frühen Pink Floyd erinnernd oder Balladen: Abwechslung ist Trumpf auch wenn an diesem Abend der Sound über weite Teile von Gitarrist Malcolm Jones geprägt war. Mit Songs wie "Road Trip", "Pride of the Summer" oder "Clash of the Ash" hatten Runrig ihr Publikum schnell im Griff, auch wenn der Sound alles andere als gut war: sehr dumpf klang alles und bei Liedern, die man nicht kannte, hatte man Schwierigkeiten, die Songstruktur herauszuhören. Auch an der Lightshow hätte man etwas feilen können: meist waren die einzelnen Musiker nur in ihren Umrissen zu erkennen, vielleicht gehörte das aber auch zum Konzept, um von den schönen Videoprojektionen (meist Landschaftsaufnahmen) nicht abzulenken.

2 Stunden spielten Runrig und 70% davon waren prima, 30% gefielen mir wegen besagter Soundprobleme überhaupt nicht. Aber zum Glück sind Runrig immer für eine Überraschung gut und so schnallten sich 4 der Musiker große Trommeln um und gaben eine höchst unterhaltsame Trommeleinlage.

Fazit: Runrig sind live immer noch sehr zu empfehlen. Für mich war es das erste Konzert mit Sänger Bruce Guthro der bei mir einen zwiespältigen Eindruck hinterließ. Singen kann der Mann, aber als geborener Frontmann wirkte er auf mich nicht gerade. Bei den rockigen Songs wirkte er etwas lustlos - dafür lief er bei Balladen, vor allem, wenn er sie fast solo mit akustischer Gitarre vortrug zu großer Form auf.

Ticket Runrig 14.05.2010 Karlsruhe Europahalle