Ist das noch Rock oder ist es nur laut?

Die älteren unter uns erinnern sich bestimmt: Wembley Stadium London, 13. Juli 1985: geschätzte 1,5 Milliarden Menschen schauen zu, wie Status Quo als erste Band die Bühne betreten und "Live Aid" mit "Rocking all over the world" eröffnen. Wenige Stunden später im John-F.-Kennedy Stadion in Philadelphia: die Lokalhelden "The Hooters" eröffnen die fast parallel stattfindenden Konzerte in den USA. 26 Jahre später hat man nun die Chance, beide Bands an einem Abend in einer Stadt zu erleben.

Die Hooters teilen das los vieler Vorgruppen: der Sound ist nicht so gut wie er sein könnte. Das merkte man den 6 (ja, Tommy Wiliams war auch wieder dabei) aber nicht an und mit "Dancing on the edge" sorgten sie schnell dafür, das Publikum für ihren Mix aus Rock, Pop und Folk zu gewinnen. Eine Stunde Zeit hatten sie - und die nutzen sie effizient, ohne dass der Spaß zu kurz kam oder Hektik aufkam, selbst als bei einem Intro Eric Bazilians Mandoline über die PA nicht zu hören war. Eine Stunde Hooters bedeutet eine Stunde Hits, und dabei blieben sogar ihre Welthits, die sie für Cindy Lauper, Joan Osborne oder Ricky Martin geschrieben haben ("Time after time", "One of us", "Private Emotion") auf der Reservebank. Dafür leisteten sie sich den Luxus ihre Version von Don Henleys "Boys of summer" zu spielen. Die Stimmung stieg kontinuierlich an und nachdem sie sich mit "Johnny B.", bei dem Eric Bazilian beim Blockflöten Outro den "einbeinigen" Ian Anderson gab, und der Spaßnummer "Pissing in the Rhine" verabschiedeten, gingen sie von der Bühne. Leider ohne Zugaben, obwohl das Publikum diese forderte.

Umbaupause: Zeit sich das Publikum in der schwach besuchten Europahalle anzusehen: viele Status Quo T-Shirts (klar), gefolgt von Deep Purple T-Shirts und der ein oder anderen Jeans Jacke mit den vielen Band Aufnähern, wie man sie aus den Siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts noch kennt.

Dann also Status Quo, die ich bis dato live noch nicht erlebt hatte. OK, musikalische Abwechslung hatte ich nicht erwartet, aber was Status Quo in der ersten Stunde bot, war enttäuschend: Nach "Caroline"klang ein Song  wie der nächste, von Abwechslung keine Spur - dafür wurde offenbar versucht diese durch eine derartige Lautstärke zu kompensieren, dass die Gitarren nur noch klirrten aber nicht klangen. Für ein bisschen Abwechslung sorgten immerhin die Ansagen von Francis Rossi, der mit dem Publikum scherzte und sich auch selbst auf die Schippe nahm, ganz im Gegensatz zu Rick Parfitt, der die ganze Sache eher Ernst angeht, was aber auch nicht verkehrt ist, da Francis Rossi den Rockstar eher parodiert, während Rick Parfitt diesen eher verkörpert.

Besser wurde es dann in den letzten 45 Minuten. Obwohl ich "The Oriental" bislang nicht kannte, blieb der, im Gensatz zu den bekannteren Sachen in Erinnerung. Auch das Lied über eine schöne Deutsche und ihren Ehemann ("GerdundUla") hob sich deutlich vom Rest ab. Mit "Down Down", "Whatwever you want" und "Rocking all over the world" gab es dann sogar ein richtig schönes Finale und mit dem Chuck Berry Covers "Rock 'n' Roll Music" / "Bye Bye Johnny" passende Zugaben.

Insgesamt geht der Auftritt schon in Ordnung, man muss ja auch das Lebenswerk mit in die Bewertung einfließen lassen. Und ganz ehrlich: von der Energie der alten Recken kann sich manch junge Band eine Scheibe abschneiden. Andererseits irritieren die 2 Seiten von Status Quo: auf der einen Seite Rick Parfitt, der ein ordentliches Rockkonzert abliefert, auf der anderen Seite Francis Rossi, bei dem man manchmal glaubt, dass er für schon mal für "Staus Quo - The Musical"probt. Und Minuspunkte gibt es leider auch noch für:

  1. die übertriebene Lautstärke
  2. die weißen (!) Marshall Verstärker (Jungs, wir sind nicht in Las Vegas)
  3. den peinlich posenden Bassisten

Ticket Status Quo & The Hooters