Imitation of life? - Live!
Kurz nach 20:00 Uhr in
der Stuttgarter Schleyer Halle: das Licht geht aus und Michael
Stipe betritt die Bühne - doch nicht etwa um das seit langem
ausverkaufte Konzert von R.E.M. zu beginnen, sondern um die Support
Band anzukündigen: "The Thrills" aus Dublin. Und die haben
zunächst mal mit dem Los aller Vorgruppen zu kämpfen:
schlechtem Sound (und wenig Licht). Ob allerdings bei besserem Sound
mehr dabei rausgekommen wäre, wage ich zu bezweifeln: zu
ähnlich klangen die Songs und zu gleichförmig agierten die 5.
Da half es auch nicht, dass R.E.M.s Peter Buck, der auch auf dem
letzten Album der Thrills zu hören ist, sich samt Mandoline
zu einem Song auf die Bühne gesellte. Schade eigentlich, denn der
Sänger kann wirklich singen und seine Mitstreiter waren auch nicht
schlecht, aber das Songmaterial war leider nur durchschnittlich.
Nach den Thrills folgte eine lange Umbaupause und um 21:20 Uhr betraten
die 3 R.E.M.s, verstärkt um 3 weitere Musiker, die Bühne, um
mit "I took your name" und "The Wake -Up Bomb" musikalisch gleich
mal für Stimmung zu sorgen wobei Sänger Michael Stipe
optisch mit einem Anzug kombiniert mit aufgemalter Panzerknacker
Augenbinde überraschte. Sensationell: der glasklare Sound und die
exquisite Lightshow, die zusammen mit dem großen Videodisplay den
großen Nachteil der Schleyerhalle ausglich: die niedrige
Bühnenhöhe. Optisch war das schon mehr als
beindruckend: Leuchtstäbe
vor verspiegeltem Bühnenhintergrund sorgten zusammen mit einer
Kombination aus Live-Bildern und künsterisch gestalteten
Videoeinspielungen zusammen mit der "normalen" Lightshow zur passenden
Stimmung zu jedem Song.
Nach dem euphorisch aufgenommen Start machten R.E.M. auch im weiteren
Verlauf alles richtig: Abwechslung war das Motto, was sich sowohl auf
den Wechsel zwischen Balladen wie z.B. "Drive" und "Everybody
hurts" und Krachern wie "Star 69" bezieht, als auch auf die Mischung
von alten Songs, wie "Orange Crush" vom 88er "Green" Album und
natürlich Songs vom neuen "Around the sun" Album. Ich gebe zu: ich
hatte vor der Show etwas Bedenken, denn "Around the sun" ist mir
produktionstechnisch etwas zu gleichförmig geraten: obwohl viele
gute Songs auf dem Album zu finden sind, sticht keiner beonders hervor.
Um so größer war die Freude, als die gespielten "Around the
sun" Songs mir live wesentlich besser gefielen als von CD. "Leaving New
York" kam kraftvoller, bei "Electron Blues" kamen die unterschiedlichen
Instrumente wesentlich besser zur Geltung und bei "The Outsiders"
gefiel mir Micheal Stipe als Rapper wesentlich besser als Rapper Q-Tip
vom Album. Überhaupt Michael Stipe: beindruckend wie dieser Mann,
der in Interviews oft so zurüchhaltend wirkt, auf der Bühne
aus sich raus geht.
Die einen finden es gut, die anderen nervt es, aber R.E.M. wären
nicht R.E.M., wenn sie nicht darauf hinweisen würden, dass sie
sich nicht nur musikalisch engagieren. Und so nimmt sich Michael Stipe
Zeit, um auf die Stände der eingeladenen Organisationen "Amnesty
International" und "Oxfoam" hinzuweisen. Und später dann, bei den
2 "Protestsongs" vom neuen Album, "I wanted to be wrong" und "Final
Straw", laufen die Texte auf der Videowand mit. Aber natürlich
stand trotzdem die Musik im Vordergrund und Highlights hab es viele:
Mike Mills am Piano beim wunderschönen "At my most beautiful" z.B.,
"Drive" und natürlich "Losing my religion", "The one I love"
oder R.E.M. erste Nummer 1 Hit in Japan: "Imitation of life". Ach,
eigentlich war alles wunderschön und perfekt im positvem Sinne.
Und wenn man dann noch auf R.E.M.s
Homepage lesen kann, dass in Stuttgart zum ersten Mal während
der laufenden Tournee nach "Man on the moon" nicht Schluß war,
sondern das Iggy Pop Cover "I wanna be your dog" gespielt wurde, findet
man bestätigt, was man während des Konzerts schon merkte:
nicht nur dem Publikum, auch der Band hat es Spaß gemacht.
©
02/2005 by
Hans-Georg Krumm
URL:
http://www.hgkrumm.de/rem_120205.html
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