Magische
Momente
Der Boss rief zum Tourauftakt
seiner Deutschland Tour und alle kamen in die ausverkaufte SAP
Arena. 20 Uhr 20: das Saallicht geht aus und auf der Bühne
erscheint eine dieser altmodischen Leierkasten-Musikkisten, wie man sie
von früher noch von Jahrmärkten kennt. Bruce
Springsteen und seine 10 köpfige E-Street Band erscheinen unter
dem frenetischen Jubel der Fans und legen mit "Radio Nowhere" vom
aktuellen Album los. Die Gitarren und Springsteens Gesang bestimmen
den Sound und "Radio Nowhere" erweist sich als grandioser Opener des
Konzerts, wie auch des "Magic" Albums. Was dann folgt ist eine extrem
gute
Mischung aus Songs vom Magic Album, dem Vorgänger "The Rising"
und einem Querschnitt durch die lange, lange Karriere des
mittlerweile 58 jährigen Springsteen. Geredet wird nicht viel,
Springsteen läßt seine Songs sprechen. Die
Schlussakkorde des einen Songs sind noch nicht völlig
verklungen, da zählt Springsteen schon den nächsten Song an.
Pausen? Fehlanzeige! Nur einmal gibt es eine längere Ansage: beim
ruhigen, wunderschönen "Magic" in dem es
vordergründig um Taschenspieler und Zaubertricks geht, eigentlich
aber um das Verdrehen von Tatsachen und um Lügen, was seit dem
Irak Krieg einen großen Teil des US-amerikanischen Alltag
ausmachen.
Sehr schön die Songauswahl an diesem Abend: der in meinen Augen
unterschätzte "Tunnel of Love", eigentlich kein E-Street Song
findet ebenso Platz wie "Dancing in the Dark". Vom neuen Album
unter anderem auch noch vetreten: "Gypsy Biker", Devils Arcade" und
"Last to die" .
War musikalisch gesehen "The Rising" eine Weiterentwicklung des
E-Street Sounds, so steht "Magic" ganz in der Tradition der klassischen
Springsteen Alben, wie etwas "Born to Run". "Living in the future"
beispielsweise hat alle Elemente älterer Springsteen Songs, wie
z.B. "Badlands". Nostalgie also? Wenn man sich die
großzügige Bühne ansieht, drängt sich einem dieser
Gedanke zunächst auf, ist doch der hintere Bühnenbereich
einem typischen American-Diner im 50 Jahre Stil nachempfunden. Achtet
man
auf die Texte, wird klar, worum es Springsteen vielleicht eigentlich
geht: den Verlust von Werten in den post-9/11 U.S.A.
Bei den Zugaben wiederum steht hauptsächlich der Spaß
im Vordergrund: Bei "Girls in their summer clothes", von Springsteen in
gebrochenem Deutsch den den schönen deutschen Mädchen
gewidmet,
fällt sowohl musikalisch, als auch textlich alles Schwere weg. Und
bei "Santa Claus is coming to town", es geht schließlich auf den
6. Dezember zu, ziehen sich die Fans die Nikolaus-Mützen auf.
Gegen Ende dann wird musikalisch noch mal für Abwechslung
gesorgt: die Akkordeons werden ausgepackt und Irischer Folk erklingt
plötzlich von der Bühne: American Land, dessen Text auf den 2
Video Wänden angezeigt wird, zeigt Springsteen dann ganz als
Traditionalisten. Er und seine E-Street Band zeigen, dass man
keine
gigantische Lightshow benötigt, um Hallen dieser
Größenordnung zu begeistern: 10 Musiker, die mit
Leidenschaft dabei sind und manch jüngere Band alt aussehen lassen
reichen völlig aus.
Einziger Minuspunkt an diesem Abend: die Vekehrsführung zur
SAP-Arena: wenn man für die letzten 3 km von der Autobahn zum
Parkplatz 1 1/2 Stunden braucht (und das an einem Sonntag ohne den
üblichen Berufsverkehr) und Gefahr läuft, einen Teil des
sündhaft teuren Konzerts zu verpassen, dann ist das sehr
ärgerlich.
©
12/2007 by
Hans-Georg Krumm
URL:
http://www.hgkrumm.de/springsteen_02122007.html
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