Der Nachholtermin von Erwin Pelzigs Auftritt im Tollhaus (statt
07.11.2020 nun also 30.07.2021) wurde Corona bedingt in 2
Vorstelllungen a 90 Minuten aufgeteilt. Für die Nachwelt noch
kurz der Hinweis, dass für die maximal 300 Zuschauer an diesem
Abend Maskenpflicht auch während der Vorstellung herrschte.
"Der wunde Punkt" heißt Erwin Pelzigs neues Programm und
der rote Faden des Programms sind Kränkungen. Kränkungen, die
der Einzelne besonders in der Kindheit erleidet und was das für
Folgen hat oder haben kann, und die Kränkungen, die der Mensch
insgesamt zu erleiden hat, da er nun mal nicht im Mittelpunkt
des Universums, nicht die Krone der Schöpfung sondern eher ein
triebgesteuerter Verwandter des Affen ist.
Und an diesem Faden entlang hangelt sich Pelzig in
atemberaubender Geschwindigkeit von Thema zu Thema, von Person
zu Person, wie zum Beispiel der Maskenäffäre, dem sinnlosen Kauf
von 130.000 Wischmopps durch Bayerns Wirtschaftsminister
Aiwanger Beginn der Corona Krise, den Aluhutträgern,
Verschwörungstheoritikern und Querdenkern. Nett der
Perspektivwechsel, wie im letzten
Programm, in dem man sich gedanklich in das Corona Virus
versetzt und so schnell merkt, das Ankündigungen unsd Taten weit
auseinander klaffen. Stichwort "Krieg gegen den Virus": hier
fragt der Virus, was dies für ein ungleicher Krieg sei, bei dem
er, das Virus, auch an Wochenenden und in den Ferien kämpft,
während die Ämter dann geschlossen seien, beziehungsweise ob die
schärfste Waffe gegen die Mutanten wirklich eine von
Scheuer/Spahn gebildetet Task Force sei.
Man lernt, dass viele Diktatoren und Populisten als Kind
misshandelt und gekränkt wurden und fragt sich zusammen mit
Pelzig was die These, dass die Erfahrungen, die Kinder und
Jugendlich heute machen, die Politik von morgen prägen, in einer
Zeit bedeutet, in der die junge Generation in der Corona Politik
schlichtweg vergessen wird.
Klingt nach schwerer Kost, aber Pelzig schafft es meist immer,
die schwere Lost leicht zu verpacken in dem er persönliche
Beispiele liefert. So wie bei seinem Nachbar, der einerseits
felsenfest davon überzeugt ist, dass er Tag und Nacht auf
Schritt und Tritt überwacht wird aber gleichzeitig sich beklagt,
dass er nicht beachtet wird. Pelzigs Tipp lautet hier, dass man
sich für eine der beiden Kränkungen entscheiden muss, sondern
wird es argumentativ schnell recht dünn. Und natürlich setzt
sich Pelzig auch wieder mit seinen Kumpels, dem konservativen
Dr. Göbel (dessen Vornamen man endlich erfährt) und dem
prolligen Helmut an den Stammtisch um Themen wie Kränkungen der
Kindheit, aber auch das Gendern zu diskutieren.
Ganz zum Ende stellt sich Pelzig dann selbst in Frage, als die
weiblich Stimme aus dem Off, die in der ersten Hälfte des
Programms auf Zuruf Zitate von Philosophen und Wissenschaftern
lieferte, in der 2. Hälfte bockig wurde, da keine Frau unter den
Zitierten war. Das Thema "Alter weißer Mann" wurde dann
natürlich auch wieder in der Stammtischrunde besprochen und
Pelzig fragte sich dann auch, ob seine Zeit vielleicht vorbei
sei, so wie am Anfang des Programms, als er die Angst des
Künstlers thematisierte, nicht nur von der Gesellschaft, sondern
auch von seinem Publikum als nicht (mehr) system-relevant
anerkannt zu werden.
Aber da muss ich Erwin Pelzig noch keine Sorgen machen was man ja daran sieht, dass er sein Programm an einem Abend zwei mal spielen darf / muss. Hut ab übrigens vor dieser Leistung.