An den Landungsbrücken raus ins Tollhaus - diese Band verdient
Applaus
Nach ihren Auftritten im alten Substage 2008 und zwei Auftritten beim Fest (2006 und 2019) nun also Kettcar endlich im Tollhaus beim Zeltival, ihr guter Freund Thees Uhlmann habe ihnen das empfohlen.
Los ging es mit "Auch für mich 6. Stunde" vom aktuellen Album "Gute Laune ungerecht verteilt", ihrem "politischstem Album" wie es selbstironisch im Text heißt, um dann mit "Klassikern" wie "Money Left to burn", "Benzin und Kartoffelchips" und "Balkon gegenüber" sehr gute Stimmumg im Tollhaus zu erzeugen.
Kettcar haben im 23. Jahr ihrer Bandgeschichte, trotz längerer Pausen, ein inzwischen so großes Repertoire, das sie eine gute Konzertdramaturgie aufbauen können. Eigentlich seien sie ja Hippies und spielen nur Liebeslieder, so Sänger Marcus Wiebusch, aber ab und zu müssten sie auch politische Songs spielen. Ist natürlich Quatisch, da auch ihrer Liebeslieder politisch sind, ohne mit erhobenem Zeigefinger daherzukommen, leitete aber gut zu Songs wie "München", bei dem es über Alltagsrassismus geht und "Sommer '89" über. Vor allem "Sommer '89" sollte man sich unbedingt auch außerhalb eines Konzertes anhören, dort geht der Text leider etwas unter, was schade ist, denn er gibt alten und neuen Debatten über Flüchtlingspolitik und Humanismus in mehrfacher Hinsicht Denkanstöße.
Wie so oft bei Kettcar ist vor allem Bassist Reimer Bustorff für die Kommunikation mit dem Publikum zuständig, wobei seine Mutter, eine Art künstlerische Instanz als Running Gag diente.
Neben den rockigen Songs - klar: "Landungsbrücken raus" durfte nicht fehlen- blieb auch Raum für akustische Gitarren und leisere Songs, wie "Balu", nur von den Wibusch Brüderen (Sänger Marcus Wiebusch udn Keyboarder Lars Wibusch) vorgetragen. Wie gesagt eine gute Mischung aus alten und neuen Songs (vom aktuellen Album war noch "Ein Brief meines 20-jährigen Ichs" auf der Setlist) und dazu war sowohl der Sound als auch das Licht exzellent.
Fazit: von ihrem Auftritt bei "Das Fest 2019" war ich ja nicht so begeistert gewesen, diesmal war es richtig, richtig gut. Zum einen verzichteten Kettcar auf die damals kommunizierte Attitüde "Wir fordern euch nie zum Mitsingen auf - dafür liebt ihr uns ja", und forderten beim "Der Tag wird kommen" das Publikum sogar zu einem coolen Hip-Hop Move im Refrain auf, und zum anderen kann man bei einem reinen Kettcar Konzert im Gegensatz zu einem Festival Auftritt auch darauf verlassen, dass das Publikum textsicher ist - das war es auf alle Fälle.